Qualitätssteigerung bei der Zucht von Austernpilzen
In Zusammenarbeit mit der urbanen Pilz Farm Paradiespilze in Jena hat orbit maßgeblich zur Verbesserung der Pilzqualitätbeigetragen. Es konnte gezeigt werden, dass orbit mit seinem Sensorsystem in der Lage ist unbekannte Qualitätsprobleme zu identifizieren und zu lösen.
Wie ist das Projekt zustande gekommen?
Seit einigen Monaten beobachte Dr. Bratovanov, Inhaber der urbanen Pilz Farm „Paradiespilze“ in Jena, dass Ertrag und Qualität der von ihm gezüchteten Pilze abnahmen. Zu seiner Ausgangssituation sagte er außerdem: „Ich verbrachte viele Stunden damit, die Substrate zu optimieren und neue Pilzsorten zu testen.“ Doch ohne die richtige Ausrüstung blieben einige unsichtbare Einflussgrößen auf die Pilzqualität unbeachtet.
Die Überwachung mehrerer Einflussparameter durch orbit Sensorfusion war somit ein leistungsfähiges Instrument, um Rückschlüsse auf beispielsweise Temperatur und Luftqualität im Fruchtraum zu ziehen. Das Multisensorensystem von orbit-Sensorfusion ermöglichte es Dr. Bratovanov „in Echtzeit die Auswirkungen vieler Ereignisse auf das Mikroklima im Fruchtraum zu sehen“.
Durch eine optimierte Frischluftzufuhr sank der zuvor erhöhte CO2-Gehalt auf ein Niveau, das die Pilze vertragen. Die Erträge und die Qualität stiegen wieder an.

Dr. Bratovanov
Paradiespilze JenaWie funktioniert die Pilzfarm?
In der Pilzzucht spielen externe Einflussgrößen in Hinsicht auf die Erntequalität eine übergeordnete Rolle. Trotz verschiedener Einflussgrößen legt der Inhaber von Paradiespilze, Dr. Evgeni Bratovanov, den Fokus insbesondere auf den CO2-Gehalt der Luft: „Liegt der CO2-Gehalt über längere Zeit über 1000 parts per million (ppm), verlängern sich [bei Austernpilzen] die Stiele und die Kappen entwickeln sich nicht richtig. Dadurch werden Ertrag und Qualität der Pilze stark beeinträchtigt“.
Aus diesem Grund ist es nötig in fensterlosen Zuchträumen ein Belüftungssystem zu installieren. Um die Temperaturschwankungen der Außenluft abzudämpfen, wurde bei Paradiespilze die Frischluft aus einer nebengelegenen Werkstadthalle bezogen. Zusätzlich ist der Fruchtraum mit einem Luftbefeuchter ausgestattet, um die relative Luftfeuchtigkeit auf etwa 90% zu halten. Zwei 13-W-LED-Lampen simulieren den Tag/ Nacht Zyklus. Die Pilze selbst wachsen in speziellen Substratbeuteln, die auf Regalen an den Wänden stehen. Die Gesamtkapazität des Raumes beträgt etwa 160 Pilzblöcke.
Um alle Parameter zeitgleich an verschiedenen Stellen des Fruchtraums zu überwachen und mögliche Probleme aufzudecken und zu eliminieren war das System von orbit-Sensorfusion optimal geeignet.
Ziel des Projektes
Das durchgeführte Projekt zielte darauf ab unbekannte Tendenzen der Einflussparameter aufzudecken und Abweichungen von Idealbedingungen zu quantifizieren. Zwei Monate lang wurde der Fruchtraum überwacht. Dabei wurden auch verschiedene Versuchsaufbauten erprobt, um die Bedingungen bestmöglich zu erfassen.
Die Beseitigung von Störgrößen und die verbesserte Kontrolle von Einflussparametern wie Luftfeuchtigkeit oder CO2-Gehalt schlugen sich langfristig in einer Erhöhung von Pilzqualität und Erntemenge nieder.
Innerhalb des Erhebungszeitraums sollte aber der Fokus besonders darauf liegen, Erkenntnisse für bessere allgemeine Zuchtbedingungen zu erhalten. Zudem sollte ein Verständnis für die Grenzen und Eigenheiten des gegenwärtigen Fruchtraums entstehen.
Anforderungen an das orbit-System
Das Multi-Sensorensystem von orbit-Sensorfusion besteht aus einem Gateway und fünf Sensorknoten. Auf jedem Sensorknoten sind zehn Sensoren angebracht. Die Sensoren erfassen zeitgleich Daten und können beliebig konfiguriert werden.
In diesem Projekt musste das Sensorsystem vor allem eine robuste und autarke Datenübertragung gewährleisten, da keinerlei WLAN-Verbindung bestand. Die Sensorknoten wurden so verteilt, dass sie ein möglichst umfassendes Bild der Situation erfassten, aber für einen Batteriewechsel oder eine Änderung im Versuchsaufbau gut zu erreichen waren. Und selbstverständlich musste der Versuchsaufbau so gestaltet sein, dass er den operativen Ablauf auf der Pilz Farm nicht beeinträchtigte.
Um eine wissenschaftliche Arbeitsweise zu gewährleisten, erklärte sich Dr. Bratovanov bereit, alle Ereignisse und Änderungen im Fruchtraum zu erfassen und bereitzustellen. Außerdem gab es regelmäßige Treffen, um die Daten gemeinsam zu interpretieren und Wartungen am Sensorsystem durchzuführen.
Umsetzung des Konzeptes
Die Sensorknoten des Systems wurden individuell für die Pilzfarm konfiguriert, um folgende Werte zu erfassen:
- CO2
- relative Luftfeuchtigkeit
- Temperatur
- BVOC (flüchtige Stoffe)
- Indoor Air Quality Index (IAQ).
Die integrierten Bewegungssensoren wurden ausgeschaltet. Diese Konfiguration blieb über den gesamten Versuchszeitraum bestehen.
Insgesamt wurden zwei Versuchsaufbauten durchgeführt. Der erste Aufbau war dafür da, um einen Monat lang Ereignisse im Fruchtraum zu erfassen. Hierfür wurde beispielsweise ein Sensorknoten im Zuluftrohr angebracht, um die Qualität der zugeführten Luft zu bestimmen. Ein weiterer Sensorknoten wurde vor den Luftbefeuchter gehangen, um dessen An- und Auszyklen zu erfassen. Zwei weitere Sensorknoten wurden im Fruchtraum verteilt, um Vergleichswerte zu liefern. Der letzte Sensorknoten wurde im Vorraum platziert, um einen Raumübergreifenden Vergleich zu ermöglichen.
Der zweite Versuchsaufbau konzentrierte sich vor allem auf den ebenfalls einmonatigen Vergleich der vier Fruchtraumecken. Dazu wurden vier Sensorknoten in ähnlicher Höhe in den Ecken verteilt.
Um mögliche Probleme Abweichungen zu erfassen, wurde in der Analyse das Verhalten der überwachten Größen vor und nach Ereignissen (Ventilator an, Licht aus, Belüftung an...) verglichen. Weiterhin fand eine visuelle Auswertung der Zeitreihendaten und Trends statt.
Nach Beendigung des Projekts haben wir Dr. Bratovanov gefragt, wie er die Installation und Wartung empfand: „Die Installation war sehr schnell und hat meinen gesamten Arbeitsprozess nicht beeinträchtigt. Die Wartung war großartig und alle Probleme wurden fast sofort gelöst.“

Dr. Bratovanov
Paradiespilze JenaDas war besonders herausfordernd
Für orbit Sensorfusion gab es insbesondere technische Herausforderungen zu bewältigen. Aufgrund fehlender WLAN-Verbindung wurde für die Datenübertragung Mobilfunk genutzt. Dies beschränkte die zur Verfügung stehende Datenmenge maßgeblich. Daher wurden die Abtastraten der Sensoren an die gegebenen Bedingungen angepasst.
Weiterhin lag technisch betrachtet ein extremes Messumfeld vor. So sind sowohl die hohe Sporenbelastung der Luft wie auch die extreme Luftfeuchtigkeit zu nennen. Die Auswirkungen dieses Messumfelds auf das Sensorsystem wurden ebenfalls getestet. Letztlich konnte aber keine dieser Bedingungen das System beeinflussen.

Ergebnisse
Mit Abschluss des Erhebungszeitraums konnte eine signifikante Störgröße ermittelt werden. Der Hauptventilator, der die Luft aus der Werkstatt ansaugte, befand sich neben einer 1000 kg schweren Kartoffellagerbox. Dies führte dazu, dass große Anteile des von den Kartoffeln ausgestoßenen CO2 in das Belüftungssystem gelangten. Der erhöhte CO2-Gehalt blieb lange Zeit unbemerkt und führte zu einem massiven Rückgang der Ernte, sowie einer schlechten Qualität der Austernpilzfruchtkörper.
Nachdem dieser Faktor bekannt war, wurden als kurzfristige Lösung die Türen der Werkstatt tagsüber offengehalten. Mit einem zusätzlichen Ventilator wurde Frischluft von außen direkt in den Fruchtraum geleitet und gleichmäßig verteilt. Auf Nachfrage von orbit-Sensorfusion bezüglich einer langfristigen Lösung für die Zukunft äußerte sich Dr. Bratovanov wie folgt: „Nach Beendigung des Versuchs brachte man die Kartoffellagerbox in eine andere Halle. Da jedoch der Fruchtraum bei Paradiespilze eher klein ist, wird die Menge an CO2, die auch von den wachsenden Pilzen freigesetzt wird, immer ein Problem darstellen. Daher wird sich ein größerer Fruchtraum als vorteilhaft erweisen.“